Der kalte Winter 2008/09 in Leverkusen, Update
Wie bereits am 12.01.2009 berichtet, hat sich der Winter 2008/09 als relativ harter Winter herausgestellt, der besonders in den wintermilden Regionen Tiefstemperaturen mit sich brachte, die es vielerorts seit vielen Jahrzehnten nicht mehr gab. Die erste Begehung des Rheindorfer Exotenprojektes erfolgte direkt im Anschluss an die Nacht mit den tiefsten Temperaturen, dem 07.01.2009. Eine zweite Begehung führten wir am 13.01.2009, also knapp eine Woche nach dem Schadensereignis, durch. Die schon am 07.01. in Rheindorf erkennbaren Schäden haben sich weitestgehend bestätigt. Währenddessen sind einige Schadensbilder nicht so gravierend, wie ursprünglich gedacht, also wie man sie direkt nach Einwirkung der Tiefstemperaturen angenommen hatte. Andererseits gab es einzelne Beobachtungen von erst später sich einstellenden Schäden.

Ortstermin am 13.01.2009
Trachycarpus fortunei:
Zunächst die schlechten Nachrichten: Etwa 2 der 20 Trachycarpi haben sehr schwere Schäden erlitten, sodass eine komplette Defoliation und sogar ein völliges Absterben nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Die gute Nachricht aber ist: Von den übrigen 18 Exemplaren weisen wenige mittelschwere Blattschäden auf, während die weitaus meisten Trachycarpi nur leichte Blattschäden haben. Dabei sind die neueren Blätter der weitaus meisten Palmen nach dem heutigen Regen wieder geöffnet. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass alle oder fast alle Palmen überleben dürften, die meisten davon ohne auch nur wesentliche Blattschäden an jüngeren Blättern aufzuweisen. Die folgenden Aufnahmen zeigen Schäden an den Pflanzen, die von geplatzten Zellen/Kammern bis hin zu fast komplett erforenen Blättern reichen. Dieses letzte Schadensbild kann auch durch embolisierte Leitbahnen, also unterbrochener Wasserversorgung, bedingt sein. Es es ist erkennbar an den eingerollten, mittlerweile nach 6 Tagen strohig wirkenden Blattsegmenten. Solche Schäden gehen zumeist mit einem Teil- oder Totalverlust der Blätter einher.











Ob sich die Schäden an den Trachycarpi noch weiter ausbreiten, bleibt abzuwarten. Es könnte zum Verlust einen Teiles der Blätter, zur Defoliation (vollständiger Verlust des Blattwerkes) oder auch zum Absterben der Exemplare führen. Endgültige Resultate wird man sowieso erst im Frühjahr, bzw. im kommenden Sommer haben. Folgend noch einige bisher unbeeindruckt gebliebene Exemplare, die lediglich einzelne geplatzte Kammern aufwiesen. Auch hier gilt, dass ein endgültiges Schadensbild erst in den kommenden Monaten sich zeigen wird, gleichwohl erfahrungsgemäß die nach den Frösten sich aufklappenden Segemente ein gutes Zeichen sind und eher darauf hindeuten, hier nur wenige Frostschäden zu haben.





Jubaea chilensis:
Die drei jüngsten inneren Wedel, die sich am Ende der letzten Wachstumsperiode nicht mehr vollständig öffnen konnten, sind an ihren oberen Segmenten bereits jetzt sehr strohig und insoweit nicht mehr zu retten. Im untersten, auf den Bildern nicht sichtbaren Teil in der Nähe des Stammansatzes, scheinen diese 3 Wedel allerdings noch zu leben. Insgesamt dürften 80 bis 90 % der Blattfläche Schäden aufweisen. Nur wenige Wedel bzw. deren Blätter weisen nur geringe Schäden auf. Das Gesamtbild ist geradezu erschütternd. Erste Maßnahmen: Der Mulch wird vom unmittelbaren Stammbereich entfernt, mithin gelüftet. Von nun an wird wöchentlich mit Chinosol behandelt. Ob die abgestorbenen Blätter zurückgeschnitten werden, wird im Laufe des weiteres Winterlaufes entschieden. Argumente für einen Rüchschnitt wären die Reduzierung des Wasserbedarfs der gerade erst in diesem Jahr frisch gepflanzten Jubaea und ein effektiveres Durchführen von Schutzmaßnahmen bei lichterem Blattwerk. Ein erneutes Anbringen von Schutz im Laufe dieses WInters wird sicherlich erforderlich sein, da das vorgeschädigte Exemplar wesentlich suspekter auf weiterem Frost reagieren wird. Inwiefern das Schadensbild zu einer kompletten Defoliation, nur zu einem Teilverlust oder im schlimmsten Falle zum Verlust führen wird, bleibt auch hier abzuwarten.





Beim Blick in den zentralen Bereich der Jubaea chilensis erkennt man, dass die nicht entfalteten Blätter allesamt mindestens in dem Bereich erfroren sind, der aus dem inneren Vlies herausschaute. Ob es zu einem kompletten Verlust des "Speeres" kommt, ist zur Zeit noch nicht zu sagen. Auffällig ist hingegen, dass der "mittlere Kranz" der Blätter durchaus noch am besten von allen Blättern aussieht - also jene Blätter, die nicht zu den ältesten und den jüngsten gehören. Zudem zeigt sich auch an diesem Exemplar der typischerweise bei Frosteinwirkung an J. chilensis zu beobachtende starke Schaden des zentralen "Speeres". Wie auch in vielen anderen Fällen, stellt sich das unausgereifte Gewebe als wesentlich frostempfindlicher dar, im Vergleich mit entfaltenen, ausgereiften Blättern. "Speerverluste" sind bei Frostschäden an Jubaea sehr häufig zu beobachten, während "älteres" Blattwerk noch unbeeindruckt geblieben ist. In diesem konkreten Fall jedoch waren die Fröste so tief, dass auch ältere Blätter erfroren sind. Es ist als wahrscheinlich anzusehen, auch hier einen Speerverlust zu bekommen.





Chamaerops humilis:
Hier sind die Fächer trotz der erfolgten Schutzmaßnahmen sehr schwer geschädigt, sodass mit völliger Defoliation zu rechnen ist. Ob der Hauptstamm überlebt, dürfte zu diesem Zeitpunkt nur schwer einschätzbar sein. Erfahrungsgemäß überlebt C. humilis solche Schäden und treibt aus der Basis mit neuen Kindeln wieder aus.



Leverkusen liegt geographisch zwischen Köln und Düsseldorf. Anfang Januar 1997 lag die Tiefsttemperatur am Düsseldorfer Flughafen bei –20,8 °C, am Köln/Bonner Flughafen bei rund –19 °C, während von der Leverkusener DWD Station, deren Werte für die Wupperstraße außerhalb der Kreisel repräsentativ sind, nur –13,1 ° C gemessen wurden. In der Nacht vom 6. auf den 7. Januar 2009 betrugen die Tiefstwerte am Düsseldorfer Flughafen –19,9 °C und am Kölner Flughafen –19,2 °C, während auf der Wupperstraße mit einem ungeeichten Thermometer in 2 m Bodenhöhe ein Tiefstwert von –13,5 °C gemessen wurde. Dies könnte darauf hinweisen, dass sich bei rheinischen Extremwintern, wie sie etwa alle 10 Jahre vorkommen (ausgenommen ist ein "Jahrhundertkältewinter" wie im Januar 1943), im Kleinklimat der Wupperstraße Temperaturen von etwa –13 bis –16 °C einstellen bzw. auch zukünftig mit Temperminima in dieser Größenordnung zu rechnen ist. Insgesamt lässt sich daher sagen, dass die Extremwinterwettergroßlage im Rheinland mit wiederholt Temperaturen zwischen –15 und –20 °C innerhalb einer Woche an den Flughäfen Köln und Düsseldorf wahrscheinlich nicht zum Absterben vieler Trachycarpi auf der Wupperstraße führt, diese hier mithin auch ohne jeden Schutz fortan als winterhart bezeichnet werden können. Es bleibt zu hoffen (und wohl mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch zu erwarten), dass keiner der bereits 2004 gepflanzten Trachycarpi dieses Jahr sterben wird.

Zum Abschluss noch ein Bild des östlichen Kreisels, in dem die einzigen Trachycarpi mit Winterschutz stehen, da dies die kälteste Stelle innerhalb des Exotenprojektes ist. Aus diesem Grund ist der Kreisel auch mit härteren, bzw. sukkulenten Exoten bepflanzt worden:


Alle Photos Frank Krings.


Zitiervorschlag: Lorek, M. & Eckloff, A. F. 2009: Der kalte Winter 2008/09 in Leverkusen, Update. – http://www.tropengarten.de/Botanik/leverkusen.html am xx.xx.20xx.