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Canna L.
Indisches Blumenohr, Cannaceae - Blumenohrgewächse

Abb. 1 Reichlich blühender Horst der Canna indica var. indica 'Tamaulipas' im Spätsommer, Privatgarten, 06.09.2016
Abb. 2 Rot-orangefarbene Einzelblüten der Canna altensteinii im Spätsommer, Privatgarten, 29.08.2018
Abb. 3 Blühende Pflanzen der Canna patens (= C. limbata) in einem Privatgarten, 11.05.2003
Abb. 4 Unreife Fruchtkapsel mit der warzigen Oberfläche von Canna indica var. indica, Privatgarten, 12.08.2014


Winterharte Canna? Mit Einschränkungen ja. Die meisten Cannae vertragen nur geringe Fröste am Rhizom, viele sind empfindlich auf kühle Nässe. Aber einige Arten und Sorten dürften potentiell Feuchtigkeit bei Überwinterung im Boden tolerieren, wenn die Drainage stimmt und etwa 20 cm Mulch aufgebracht wird. Da es bei Canna ein unüberschaubares Durcheinander bei der Namensgebung gibt, wäre es erstmal wichtig, dass die getesteten Arten eindeutig zugeordnet werden. Nur mit korrekter Nomenklatur kann man die Toleranz geben kühl-feuchte Winterbedingungen auch richtig zuordnen. Ich biete Ihnen hier daher im Laufe der Zeit die eine oder andere Art an, bei der ich sicher bin, dass die Namensgebung auch richtig ist. Wenn Sie Freilandversuche machen wollen, teilen Sie die Pflanze vor dem Auspflanzen, um eine Reserve zum Überwintern im Gewächshaus zu haben. Denn mit den allermeisten Arten gibt es bisher keine Erfahrungen im Freiland.

Canna lumbautum ist eine kompakt wachsende Art mit 2–3 m großen Stängeln, die vom Sommer bis zu den Frösten reichlich rote Blüten tragen. Sie stammt aus San Carlos, Tamaulipas, Mexiko. Wahrscheinlich handelt es sich um C. indica var. indica 'Tamaulipas'. Die Blätter werden in einer Saison in unserem Klima bis 2 m hoch. Im Laufe der Jahre bildet sich ein dichter Horst, der sehr dekorativ ist und mit anderen Blattexoten hervorragend harmonisiert. Das Exemplar im Schaugarten ist seit 1996 in reinen Sand gepflanzt, wird im Winter gemulcht und erhält im Frühjahr nach dem Austrieb einen Volldünger. Bisherige Mindesttemperatur –21 °C. Die Ursache der guten Winterhärte ist wahrscheinlich in der ausgezeichneten Toleranz kühlen Klimas zu suchen. Während andere Cannas im Frühjahr noch dormant sind, treibt C. lumbautum schon sehr früh aus, bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen. Auch das Rhizom scheint vergleichsweise viel Frost zu tolerien, zwar sicherlich nur im einstelligen Bereich, aber für Cannas ist dies schon erstaunlich.

Canna compacta ssp. cinnabrina verspricht eventuell auch eine gute Toleranz gegen winterliche Feuchtigkeit. Diese Art stammt ebenfalls aus Mexiko, Colima, hat gelbliche Blüten mit orange roten Flecken und wächst sehr kompakt, bis etwa 120 cm Größe. Wahrscheinlich handelt es sich um C. indica var. maculata. Bisher gibt es kaum Freilandversuche mit dieser Art, sie wird von amerikanischen Gärtnern der Zone 7 zugeordnet, ein Exemplar hat bisher –17 °C mit 20 cm Mulch im reinen Sandbeet im Tropengarten die Winter seit 2001/02 überlebt, sich aber langfristig erschöpft.


Die Canna-Arten nach Tanaka, 2001. Hier werden 19 Arten beschrieben. Da die Arbeiten des Ehepaares Maas von dieser Systematik abweichen, werden sie bei der Nomenklatur mit angegeben. Maas ordnet 5 Arten unter C. indica ein, 9 werden als unstrittig gesehen, 4 waren Maas nicht bekannt, 1 Art wird als solche erkannt, aber mit verschiedenen Namen belegt (Canna latifolia beziehungsweise C. tuerckheimii).

Canna amabilis wurde 1985 in Argentinien gesammelt und 2000 zuerst von Tanaka beschrieben. Eine sehr hübsche Art mit tief roter, nicht verzweigter Blüte, blau-grünem Blatt, relativ kleinen Samen und einem schlanken, kriechenden Rhizom. Die inneren Blütenblätter sind länglich schmal bis maximal 1,5 cm an der breitesten Stelle. Es ist eine Art, deren Blätter am Stängel entspringen und nicht wie bei anderen Arten, der Scheinstamm von den Blattscheiden gebildet wird. Sie haben eine breit elliptische Form und sind sehr dünn. Maas listet diese Art nicht auf.

Canna bangii, eine unstrittige Art. Mittelgroß bis 2,0 m mit kurzem tuberösem Rhizom, grünen Blättern mit unterseitiger Flaumbehaarung, orange-roten, verzweigtem Blütenstand.

Canna coccinea, mittelgroße Canna mit grünem Blatt. Dickes, kräftiges Rhizom. Sie wird von Canna indica unterschieden durch die größere Blüte, größeren Deckblätter unterhalb der Blüte, gewöhnlich ungeteiltem Blütenstand und einem im Querschnitt 3-eckigen Blütenstiel mit Ausbildung einer flügelförmigen Leiste. Die Fruchtkapseln enthalten 3–5 Samen. Als C. coccinea werden zwar sehr häufig Exemplare aus Argentinien und der Karibik verkauft, in der Mehrzahl der Fälle sind es aber keine reinen Arten, sondern Hybriden oder gänzlich andere Arten. Bisher noch keine Freilanderfahrung. Maas ordnet C. coccinea unter C. indica ein.

Canna compacta ist eine große Canna mit vielen kleinen, eng beieinander sitzenden, orange-roten Blüten und grünen Blättern, diese Art ist wesentlich größer als C. indica, auch das Rhizom ist deutlich dicker und essbar. In den USA wird diese Art zumeist als C. 'Robert Kemp' angeboten. Wird von Maas dennoch unter C. indica eingeordnet.

Canna discolor ist eine große Art, sie hat grüne Blätter mit rötlicher Färbung an den Blattadern und -rändern, die Stämme sind ebenfalls rot. Die Rhizome sind deutlich dicker als bei den meisten anderen Canna Arten oder Hybriden. Die Blüte besitzt rote Staubgefäße und gelbe Griffel. Das interessante ist, dass es sich bei C. discolor var. discolor um eine sterile, triploide Art handelt. Auch die andere Unterart, Canna discolor var. rubripunctata, grüne Blätter und gelbe Blüte mit zahlreichen roten Punkten und ist wahrscheinlich steril. Canna discolor wird von Maas unter C. indica eingeordnet. Canna discolor wird sehr oft in Südostasien unter dem Namen C. edulis als Nahrungsquelle angebaut.
Canna discolor 'Manipur', 2004 auf 1.600 m Höhe an frostexponierter Stelle gesammelt, ist leider nicht ausreichend kältetolerant für eine dauerhafte Freilandhaltung.

Canna flaccida ist eine unstrittige Art. Der Blütentrichter ist größer als 5 cm. Natürliches Verbreitungsgebiet südliche USA entlang der Golfküste bis zur südlichen Atlantikküste.

Canna glauca ist eine unstrittige Art. Mittelgroße Canna mit schmalen, lanzettlichen Blättern und schlankem Rhizom. Die bläuliche Farbe der Blätter ist sehr hüsch und eignet sich bestens zur Dekoration. Die Blüte erscheint im Spätsommer und ist zitronengelb. Mäßige Regeneration im Freiland, jedoch überleben immer wieder einzelne Ableger, da C. glauca sehr viele Ableger bildet, die innerhalb einer Saison bis zu 2 m "wandern" können.

Canna indica
Maas sieht C. indica als sehr variabel an und ordnet C. discolor, C. compacta , C.coccinea, C. speciosa und C. patens darunter ein.
Die Canna altensteinii Bouché wird unter C. indica eingeordnet und zeichnet sich durch rot-orangefarbene, kleine Blüten aus. Manche Autoren sehen sie als Synonym von C. tuerkheimii Kraenzl., was für die in Mitteleuropa in Kultur befindlichen Sippen wohl nicht zutrifft.
Tanaka (2001) sieht mehrere Unterarten: 
Canna indica
var. indica.
Canna indica var. warszewiczii, (= Canna warszewiczii), ist gekennzeichnet durch rötlich gestreifte Blätter mit roten Blattstielen und kleiner, kräftig roter Blüte. Canna warszewiczii bildet dichte, kompakte Horste bis 1,5 m Höhe. Viele Kultivare mit rötlicher Blüte stammen ursprünglich von dieser Art ab. Erste Freilanderfahrungen deuten eine relativ schlechte Regeneration an, wahrscheinlich nicht geeignet zum Auspflanzen.
Canna indica var. flava, gelbe Blüte. Vielen Pflanzen, die als C. lutea angeboten werden, fallen hierunter.
Canna indica var. maculata, gelbe Blüte mit roten Punkten. Manchmal ebenfalls unter der Bezeichnung C. lutea zu finden. Herkünfte aus Colima, Mexiko, erwiesen sich als relativ robust im Sandbeet, allerdings fehlen auch hier langfristige Erfahrungen.
Canna indica var. sanctae-rosae, mit hervorstehenden Staubgefäßen.

Canna iridiflora, eine unstrittige Art aus höheren Lagen der Anden.

Canna jacobiniflora wurde 1985 gesammelt und 2000 von Tanaka beschrieben. Maas listet diese Art nicht auf.

Canna jaegeriana, eine unstrittige Art.

Canna liliflora, eine unstrittige Art aus höheren Lagen der Anden.

Canna latifolia. Maas erkennt C. latifolia als eigene Art an und bezeichnet diese als C. tuerckheimii. C. latifolia umfasst wahrscheinlich viele der großen Cannas mit invaliden Namen wie beispielsweise C. gigantea oder C. heliconifolia.

Canna paniculata, eine unstrittige Art. Die früher als C. lanuginosa bezeichneten Arten fallen hierunter.

Canna patens, eher kleinere Art aus Brasilien mit dekorativer, gelb-roter Blüte und grünem Blatt. Maas ordnet C. patens unter C. indica ein. Tanaka sieht die unter der ungültigen Bezeichnung C. limbata angebotenen Arten als C. patens an. Erste Freilanderfahrungen deuten eine relativ gute Regeneration an, bisherige Minimumtemperatur –9 °C mit Mulch.

Canna pedunculata, eine unstrittige Art.

Canna plurituberosa wurde 1984 gesammelt und 2000 von Tanaka beschrieben. Maas listet diese Art nicht auf.

Canna speciosa, unklar bleibt, ob es sich hierbei wirklich um eine eigenständige Art handelt. Tanaka beschreibt sie als sehr große Art von 3–4 m Höhe mit schlankem, kriechendem Rhizom und grünen Blättern. Die Blüte ist rot, fast pink mit gelber Sprenkelung an der Basis des Labellums, während die anderen beiden Blütenblätter vollständig rot sind. Maas klassifiziert diese Art als C. indica, hat dabei aber eine andere Art beschrieben, die nur bis 2 m groß wird.

Canna stenantha wurde 1985 in Argentinien gesammelt und 2000 von Tanaka beschrieben. Lange schlanke (stenanthe) Blütenblätter mit rot gelber Färbung. Maas listet diese Art nicht auf.

Als zweifelhafte Arten werden von Tanaka gesehen:

Canna edulis, es ist zweifelhaft ob diese Art als solche existiert, da Belegexemplare nicht bekannt sind. Maas vermutet, dass es sich um Synonym für C. indica handelt, während Tanaka sie für C.discolor hält. 1823 wurde diese Art beschrieben als jene, die essbare Rhizome hat. Daher hat sich fälschlicherweise eingebürgert, alle Cannae mit essbaren (großen) Rhizomen als C. edulis zu bezeichnen.

Canna esculata
Canna aurantiana


Nicht von Tanaka beschrieben, aber möglicherweise eine eigenständige Art könnten sein:

Canna 'Indica Purpurea'
Canna
'Musafolia'
Canna
'Omega'

Tanakas Schlüssel unterteilt Cannae unter anderem nach dem Rhizom:
Typ A Rhizome finden sich bei den meisten Arten und Hybriden. Sie sind dick und kurz, 2–3 cm im Durchmesser, beispielsweise C. indica, Canna latifolia, Canna liliflora und C. iridiflora.
Typ B Rhizome sind sehr dick, 5–7 cm im Durchmesser: Canna compacta und C. discolor.
Typ C Rhizome sind lang und dünn: C. glauca und C. flaccida. Viele Canna-Arten mit Typ C Rhizomen stammen aus feuchten Habitaten, "Swamp-Canna".
Typ D Rhizome bilden knollenartige Gruppen: Canna pleurituberosa, aber auch Canna 'Musafolia' besitzt diese Art des Rhizomes, was von Tanaka nicht validiert erscheint.

Canna Aussaat: Alle Canna-Samen sind sehr hartschalig und mit einer wasserabweisenden Schicht überzogen, das heißt die Aussaat ist ohne Hilfsmittel wie Skarifizierung sehr langwierig, oft über Jahre dauernd, selbst bei absolut frischer Saat. Skarifizierung heißt, dass die harte Schale mit Sandpapier an einer Stelle bis zum Erscheinen des weißen Endospermes vorsichtig abgeschmirgelt wird. Im Frühjahr bei 25–30 °C sollten derart behandelte Samen zügig keimen. Alternativ können Samen natürlich auch konventionell ohne Vorbehandlung ausgesät werden. Sammeln Sie dann alle nicht gekeimten Samen im Herbst ab, lagern Sie diese kühl und versuchen es im nächsten Jahr erneut. Auch der hartnäckigste Same keimt so irgendwann einmal, denn Canna-Samen gehören zu den "fast endlos keimfähigen" Genera. Lerman & Cigliano (1971) berichten von der Keimung eines etwa 600 Jahre alten Samens von C. compacta.
Literatur:
Lerman, J. C. & E. M. Cigliano, 1971: New carbon-14 evidence for six hundred years old Canna compacta seed. – Nature, 232, 568–570.
Maas, P. J. M. & H. Maas, 1988: Cannaceae. – In: G. Harling et al. 1973: Flora of Ecuador, Göteborg, 32, 1–9.
Tanaka, N. 2001: Taxonomic Revision of the Family Cannaceae in The New World and Asia. – Makinoa (The Bulletin of the Makino Botanical Gardens). Issue No. 1.